Bei welchen Anwendungen werden Dehnungssensoren eingesetzt?

Dehnungssensoren sind eine clevere Alternative zu Kraftsensoren bei grossen Kräften über 10000 N und kommen in vielfältigen Anwendungen zum Einsatz. Untenstehend sind ein paar Beispiele aufgeführt. Weitere Anwendungsbeispiele findet man auch auf der Produktwebpage der Dehnungssensoren.

Dehnungsmessung in industriellen Anwendungen:
 
Dehnungsmessung in rauen Aussenanwendungen:

Was sind die Auswahlkriterien für Dehnungssensoren?

Um den passenden Dehnungssensor für die Anwendung zu evaluieren gibt es diverse Kriterien zu beachten. Die Auswahl von einem Dehnungssensor beginnt bei der Einsatzumgebung. Es gibt Dehnungssensoren für raue Aussenanwendungen oder den Industrieinnenbereich. Die konstruktiven Gegebenheiten an der zu überwachenden Struktur entscheiden anschliessend ob man einen aufschraubbaren Dehnungssensor verwenden kann oder zum Beispiel besser in einer Bohrung die Dehnung abgreift. Auch die Platzverhältnisse sind zu beachten wobei Baumer auch Lösungen hat für limitierte Platzverhältnisse.
Der Messbereich vom Dehnungssensor soll entsprechend der zu erwartenden Dehnung an der vorgesehenen Position gewählt werden. Wenn die zu erwartende Dehnung noch unklar ist, wählt man für einen ersten Versuch besser einen Dehnungssensor mit einem grösseren Messbereich. 
Die meisten Dehnungssensoren haben bereits eine integrierte Verstärkerelektronik und somit können üblicherweise Standardsignale wie +/- 10V, 4..20 mA, CANopen gewählt werden. Bei passiven Sensoren ohne Verstärkerelektronik stehen separate Verstärker zur Auswahl oder unverstärkte Ausgangssignale in mV/V. 
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Dehnungssensoren sind dauerfest ausgelegt und eignen sich hervorragend für zyklische Anwendungen. Kurze Zykluszeiten im Millisekunden Bereich sind einfach zu überwachen. Auch für statische Anwendungen können Dehnungssensoren mit entsprechender Messmechanik gut eingesetzt werden. Dabei gilt es zu beachten, dass Dehnungen welche nicht durch die Belastung sondern durch externe Einflüsse wie zum Beispiel Temperaturänderungen hervorgerufen werden das Ausgangssignal verfälschen könnten. Dafür gibt jedoch geschickte Massnahmen welche diese Effekte kompensieren. 

Wo werden Dehnungssensoren platziert?

Aufschraubbare Dehnungssensoren sind einfach zu montieren und können kleinste Dehnungen im Mikrometerbereich an einer Struktur durch Krafteinwirkung abgreifen. Um die optimale Stelle für die Platzierung eines Dehnungssensors zu bestimmen und die bestmöglichen Resultate zu erhalten gibt es ein paar Punkte zu beachten.
Der Dehnungssensor soll an Stellen platziert werden wo messbare Dehnungen in der passenden Richtung zu erwarten sind an der Struktur durch Krafteinwirkung. Dies sind meistens Dehnungen oder mechanische Spannungen, welche durch Biegung und Zug- Druckbelastung generiert werden. Mittels Finite Element Methode kann die zu erwartende Oberflächendehnung und Richtung bei mehrachsigen Spannungszuständen und somit der benötigte Messbereich an der vorgesehenen Stelle ermittelt werden. Wenn diese Möglichkeit nicht besteht, ist es am einfachsten einen Versuch mit einem Dehnungssensor mit grösserem Messbereich z.B. 750 oder 1000 µm/m durchzuführen und somit die wirklich auftretende Dehnung an der ausgewählten Stelle zu bestimmen. Ein Abgleich mit einer bekannten Kraft ergibt eine einfache Korrelation zur entsprechenden Dehnung an der zu überwachenden Struktur. Natürlich spielen auch Faktoren wie die konstruktiven Gegebenheiten, Zugänglichkeit oder Schutz des Dehnungssensors eine wichtige Rolle bei der Positionierung von Dehnungssensoren. 
Welche Dehnungen sind vorteilhaft bei der Positionierung?
Dehnung durch Biegung:

Bei der Positionierung von Dehnungssensoren sind Oberflächendehnungen, welche durch Biegung hervorgerufen werden einfach zu ermitteln und somit vorteilhaft. In den untenstehenden Skizzen findet man ein paar Beispiele an welcher Stelle die grössten messbaren Dehnungen zu erwarten sind bei Biegung.
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Dehnung durch Zug oder Druckbelastung:

Dehnungen aus Zug- oder Druckbelastungen sind auch einfach zu ermitteln und können einfach berechnet werden um den erwarteten Messbereich zu bestimmen.
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Meistens ergeben sich an einer zu überwachenden Maschine kombinierte Dehnungen aus Biegung, Zug- Druckbelastung, Torsion etc.. Mittels einer Finiten Elemente Berechnung können diese einfach bestimmt werden. In der Praxis zeigt sich aber auch, dass eine einfache mechanische Betrachtung ausreicht um geeignete Stellen an der Struktur zu definieren wo Dehnungen auftreten und messbar sind. Mit einem Abgleich mit bekannten Belastungen zu den gemessenen Dehnungen können die exakten Dehnungen eruiert werden. Natürlich können an interessanten Stellen auch zuerst DMS aufgeklebt werden um die passende Positionierung vom Dehnungssensor zu erleichtern.

Welche Vorteile haben Dehnungssensoren mit geringer Steifigkeit?

Dehnungssensoren von Baumer haben mehrheitlich eine Mechanik mit geringer Steifigkeit. Das heisst die Kraft, welche benötigt wird den Sensor auf seine Nenndehnung zu ziehen oder zu stauchen ist klein. Dadurch hat der Dehnungssensor einen geringen Einfluss auf die zu überwachende Struktur. Weiter werden die Montageschrauben nur wenig belastet, was die stabile Signalqualität erhöht ohne mögliche Bewegungen unter den Schrauben. Dies kann wichtig sein, wenn man den Dehnungssensor nicht zyklisch tarieren kann.
Daher sind Baumer Dehnungssensoren sowohl für statische als auch für zyklische Anwendungen geeignet.

Wie werden Dehnungssensoren montiert?

Dehnungssensoren werden für gute Messergebnisse fest auf dem Bauteil verschraubt mit dem mitgelieferten Befestigungsschrauben. Der Dehnungssensor detektiert Dehnungen im Mikrometerbereich über eine kraftschlüssige Verbindung. Dabei kann man Sacklöcher vorsehen oder auch Durchgangsöcher. Siehe auch Abschnitt Befestigungsmöglichkeiten. Durch das Aufschrauben von einem langzeitstabilen Dehnungssensor mit gleichbleibender Qualität entfällt das mühsame Aufbringen von geklebten Dehnungsmesstreifen.
Was ist zu beachten bei der Montage von Dehnungssensoren?

​​​​​​​Damit Dehnungssensoren sauber die Oberflächendehnungen abgreifen können und gute Messresultate liefern, sind diverse Rahmenbedingungen bei der Montage zu beachten, welche auch in der Betriebsanleitung von jedem Dehnungssensor aufgeführt sind. Dabei spielt die Montageoberfläche eine wichtige Rolle. Die Dehnung der Grundstruktur wird kraftschlüssig auf den Dehnungssensor übertragen.
Welche Befestigungsmöglichkeiten gibt es?
Option 1: 
Dehnungssensoren können an der zu überwachenden Struktur mit den Befestigungsschrauben in Sacklöchern befestigt werden. 
Bohrdefinition_DST20M.jpg
Option 2: 
Dehnungssensoren können bei dünneren Strukturen mit Durchgangslöchern und einer Mutter befestigt werden.
 
Montage_Durchgangsbohrungen_DST20M.jpg
Wie muss die Montagefläche vorbereitet sein?
Wichtig:
Der Sensor liefert ungenaue Messergebnisse bei verschmutzter Messoberfläche oder falscher Montage:
Die jeweiligen Montageschrauben, Lochabstände und Durchmesser sind der jeweiligen Betriebsanleitung zu entnehmen.


Option: 

Falls es schwierig ist die Montageoberflächen in genügender Qualität vorzubereiten, können allenfalls Kugelunterlagscheiben benutzt werden, um gewisse Unebenheiten oder Lochwinkelabweichungen auszugleichen. 
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Es sind am Markt auch diamantbeschichtete Unterlagscheiben erhältlich (Friction shims) welche leichte Unebenheiten ausgleichen und die Reibung erhöhen.

Wie soll man Dehnungssensoren handhaben?

Dehnungssensoren sind Präzisionsmesssensoren mit einer Mechanik, welche im Werk ausgemessen wurde. Der Sensor kann beschädigt werden durch Herunterfallen in unverpacktem Zustand.
Beachten Sie die Hinweise zu Lagerung und Transport in der Betriebsanleitung.

Wie wird der Dehnungssensor festgeschraubt?

Das jeweilige Anzugsdrehmoment ist der jeweiligen Betriebsanleitung zu entnehmen.

Was ist bei Dehnung durch Temperaturausdehnung zu beachten?

Die Dehnungssensoren sollen Dehnung durch mechanischen Krafteinfluss messen und nicht beeinflusst werden durch Wärmeausdehnung. Bei Wärmeeinwirkung dehnt sich ein Körper in alle Richtungen aus. Durch eine geeignete Verschaltung der DMS im Dehnungssensor werden gleichmässige Wärmeausdehnungen kompensiert. Die Dehnungssensoren sind kompensiert auf Wärmeausdehnung von Stahl. Es ist darauf zu achten, dass die Temperaturverteilung an der ausgewählten Stelle möglichst gleichmässig ist. Dadurch werden Temperatureinflüsse sauber kompensiert.

Wärmeausdehnung:
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Beispiele Wärmeausdehnungskoeffizienten α: 

Chromnickelstahl CrNi 80 20         α = 15.5 x 10-6 [K-1]
Chromstahl 13 Cr                          α = 11 x 10-6 [K-1]
Aluminium rein                              α = 23.8 x 10-6 [K-1]

Beispiele:
1.    Ausdehnung bei einem Stab aus Chromnickelstahl CrNi 80 20, von 20°C bis 70°C mit einer Länge lo von 1 m.
∆l   = lo x α x ∆T  = 1000 mm x 15.5 x 10-6 [K-1] x 50 K = 0.775 mm
Dies entspricht 775 µm/m

2.    Ausdehnung bei einem Stab aus Aluminium von 20°C bis 70 °C mit einer Länge lo von 1 m. 
∆l   = lo x α x ∆T  = 1000 mm x 23.8 x 10-6 [K-1] x 50 K = 1.19 mm
Dies entspricht 1190 µm/m

Wenn man also mit einem Dehnungssensor, welcher für Stahl kompensiert ist, eine Aluminiumstruktur überwachen möchte, sollte man die Wärmeausdehnung kompensieren, damit man nur die Dehnung durch mechanische Einflüsse hat. Sofern man natürlich nach jedem mechanischen Belastungszyklus tarieren kann, können Einflüsse von Wärmausdehnungen vernachlässigt werden.

Weitere Möglichkeiten für die Temperaturkompensation: 

Wie kalibriert man in der Anlage auf Kraft?

Eine resultierende Kraft bei einer bestimmten Dehnung kann rechnerisch ermittelt werden oder einfach direkt im Vergleich zu einer bestimmten Kraft. Dabei wird der Dehnungssensor auf die unbelastete Struktur aufgeschraubt und danach tariert. Anschliessend wird eine bekannte Last oder eine definierte Kraft auf die Struktur aufgebracht. Damit hat man den Zusammenhang zwischen der Dehnung und die daraus resultierende Kraft. Diese Kalibrierung muss man nur einmal pro Anlage vornehmen. Baumer Dehnungssensoren sind bereits in der Fertigung auf Dehnung abgeglichen und geben daher auch bei einem Ersatz wieder gleiche Messwerte aus.

Wie erreicht man stabile Messungen mit Dehnungssensoren?

Den Dehnungssensor festschrauben und bei eingeschalteter Stromversorgung gemäss Betriebsanleitung aufwärmen lassen. (Messungen unaufgeschraubt auf einem Tisch ergeben keine stabile Messresultate). Erstmaliges Setzverhalten kann minimiert werden indem man wenn möglich die zu überwachende Struktur 10 mal auf Vollast belastet. Bei unbelasteter Struktur soll der Sensor am Verstärker tariert werden. Dadurch können Signaländerungen durch die Montage kompensiert werden.

Wann soll man Dehnungssensoren tarieren?

Tarierung nach Aufschrauben:
Dehnungssensoren sollen nach der Montage am Verstärker tariert werden. Dadurch können Signaländerungen durch die Montage kompensiert werden. 
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Tarierung im Betrieb:
Bei zyklischen Prozessen empfiehlt es sich den Dehnungssensor nach jedem Zyklus in unbelastetem Maschinenzustand zu tarieren. Dadurch werden Temperatureinflüsse oder allfällige leichte Bewegungen unter den Montageschrauben kompensiert. Baumer Dehnungssensoren verfügen vorwiegend über weiche Messmechaniken, welche auch stabile statische Messungen ohne zyklische Tarierung ermöglichen. 

Was beinhaltet eine Messkette für Dehnungssensoren?

Dehnungssensoren mit integrierter Verstärkerelektronik:
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Dehnungssensoren mit separater Verstärkerelektronik:
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Passive Dehnungssensoren welche direkt an eine Steuerung mit integriertem Verstärker angeschlossen sind:
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Wichtig: die Verbindungs- oder Anschlusskabel müssen mindestens die IP Schutzart des Dehnungssensors aufweisen. Z.B. IP69K beim DST55R mit IP69K Schutzart
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